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Grußwort von Redouan Aoulad-Ali – im Vorstand des KDDM

Herr Redouan Aoulad-Ali

„2.Düsseldorfer Freitagsgespräche – Islamfeindlichkeit | Antimuslimischer Rassismus auf dem Vormarsch“
Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrte Damen und Herrn,
Ich begrüße Sie im Hause unseres Kooperationspartners dem Düsseldorfer Stadtmuseum und danke seiner Direktorin, Frau Dr. Susanne Anna, sowie Herrn Bernd Kreuter, Leiter der Sammlungen 20. Und 21. Jhd. für die Möglichkeit unser heutige Freitagsgespräch in Ihren Räumen veranstalten zu dürfen. Der Kreis der Düsseldorfer Muslime ist durchaus historisch mit diesem Hause Verbunden, denn hier fand 2012 unsere Auftaktveranstaltung statt, mit der sich der KDDM und seinen Vorstand erstmalig der Stadtgesellschaft vorgestellt hat. Viel hat sich seitdem für uns alle in unserer Stadt zum Positiven verändert.
Liebe Frau Öguzay, liebe Frau Dr. Waletzki aus dem Ministerium für Kinder Familie, Flüchtlinge und Integration NRW, Ihre Teilnahme ehrt uns und auch Ihnen liebe TeilnehmerInnen unserer Stadtgesellschaft einen Herzlichen Dank, dass Sie heute hier sind.

Nicht überall in Deutschland können sich Muslime, wenn sie etwa durch einen Hijab/des Kopftuches erkennbar sind, oder andere muslimische Symbole tragen, sich ungefährdet bewegen. Manchmal reicht schon die bloße Vermutung muslimisch zu sein, um Opfer eines antimuslimischen Übergriffs zu werden. Auch wir erleben dieses bedrückende Unsicherheitsgefühl seit langer Zeit.


Der Kreis der Düsseldorfer Muslime – KDDM in dem über 33 Moscheegemeinden und Vereine unserer Stadt mit vielfältigen kulturellen und kofessionellen Hintergründen organisiert sind, weiß davon ein Lied zu singen, aber auch leider ein trauriges Lied. Im September 2016 zündete der Rechtsextremist Nino K. in Dresden vor der Fatih-Moschee und an einem Kongresszentrum eine selbst gebastelte Rohrbomben. Nur mit viel Glück blieb der Imam der Moschee und seine Familie unverletzt. Sie befanden sich während des Anschlags in ihrer Wohnung im Moscheegebäude. Am 01.Juli vor 10 Jahren wurde die damals schwangere Marwa El-Sherbini im Landgericht Dresden aus rassistischem Hass ermordet. Sie gilt als erstes Opfer eines klar islamfeindlich motivierten Mordes in Deutschland. Die unfassbare Grausamkeit der Tat lässt sich nicht in Worte fassen. Der Mord liegt zehn Jahre zurück, aber Islamfeindlichkeit und Muslimfeindlichkeit ist omnipräsent und ein so drängendes Problem wie nie zuvor. Der Todestag von Marwa El-Sherbin (der 01.Juli) ist seither ein Gedenktag gegen Hass und Islamfeindlichkeit. Daher freue ich mich, dass die heutige Veranstaltung in diesem Kontext Eingang findet.

Wie wir Islamfeindlichkeit erleben und unsere Herausforderungen damit

Unser KDDM-Mitglied Masjid Assalam, eine Moscheegemeinde von mehrheitlich marokkanisch-stämmigen Düsseldorferinnen und Düsseldorfer gegründet, befindet sich aktuell im Bau und wird dann Düsseldorfs erste repräsentative Moschee in Düsseldorf Reisholz.  Vorbildlich suchten die die Verantwortlichen vor dem Bauvorhaben den Dialog zu Ihren Nachbarn, weihten sie in ihren Plänen ein, berücksichtigten ihre Sichtweisen und schafften damit einen Höchstmaß an Transparenz. Einfach war es dennoch nicht. Denn nicht selten schwebt über einen Moscheebauvorhaben ein Damoklesschwert der Anfeindungen. Seit dem ersten Zeitungsartikel sah sich die Gemeinde als Zielscheibe anonyme Angriffen und islamfeindlichen Schmierereien ausgesetzt, die die Gemeinde immer versucht hat mit weißer Farbe zu überpinseln. Aber Hass lässt sich kaum überpinselt.  Befeuert wird Islamfeindlichkeit und antimuslimischen Rassismus maßgeblich von Denunzierungsnetzwerke im Internet. Menschen aus der Mitte der Neu-Rechten Szene, die sich mit anderen radikalen und extremistischen Gruppierungen zu einer „Querfront“ zusammenschließen, für eine perfide Agitation gegenüber Muslimen. Muslimfeindlichkeit und Hass auf Muslime eint sie und lässt sie ihre eignen politischen und ideologischen Gräben von ganz rechts nach ganz links überwinden.  Denunzierungsnetzwerke, die mittlerweile sogar bereit sind den Klimawandel „dem Islam“ anzulasten.

Dieser Zustand ist vollkommen inakzeptabel, gerade angesichts unserer historischen Verantwortung in Deutschland. Aber es hilft nicht sich einzuigeln, den Kontakt zu seinen Nachbarn und Mitmenschen abzubrechen, bloß nicht aufzufallen. Man muss Farbe bekennen und den Dialog fortführen, so schwer es sein mag. Das hat unsere Assalam-Gemeinde getan. Sie hat nicht verzagt. Sie hat den Dialog weiterhin gesucht. Sie hat Hass mit Liebe begegnet und Ablehnung mit Einladung beantwortet. Am Ende obsiegte die Vernunft und unsere demokratischen Werte.


„Düsseldorfer Freitagsgespräche“

Mit dieser Veranstaltungsreihe den Düsseldorfer Freitagsgesprächen und eben auch insbesondere mit der heutigen Veranstaltung möchten wir nur solche Beispiele sichtbar machen, sondern auch Politik und Gesellschaft zu konkreten Schritten ermuntern. Wir hoffen auf konkrete Reaktionen der Stadtverwaltung, des Landesparlaments, den zuständigen Behörden auf Bundes- und Länderebene, sowie die wehrhafte Zivilgesellschaft. Reaktionen, die sich diesen Zustände entgegenstellen, sich diesen Herausforderungen stellen und Lösungen erarbeitet. Alle Akteure hierzulande sind aufgerufen, sich an dieser Debatte zu beteiligen, die zuständigen darauf aufmerksam zu machen und die Bürgerinnen und Bürger muslimischen Glaubens vor Hass, Islamfeindlichkeit und einer aufkommenden Denunziationskultur zu schützen.

Der KDDM ist zutiefst besorgt über die Bedrohung des muslimischen Lebens in Deutschland. Wir begrüßen die Entscheidung der Landesregierung eine Koordinierungsstelle für muslimisches Engagement in NRW einzurichten und sehen darin eine Möglichkeit wie man der Muslimfeindlichkeit und dem Antimuslimischen Rassismus begegnen kann.

Moscheen in Deutschland

Die ersten Moscheegemeinden in Deutschland wurden vor ca. 60 Jahren als Provisorien eingerichtet. Als mein Großvater aus Belgien hier bei der deutschen Bahn zu arbeiten anfing, wollte er „nur“ seine Gebete verrichten und da reichte eine spärliche Garage, um einen Ort zum beten nutzen zu können, denn der weitere Aufenthalt und Perspektiven waren ja nicht auf: „bleibend“ und Nachhaltigkeit ausgelegt. Die Moscheen in den Hinterhöfen waren fern davon, das zu sein, was sie im eigentlichen Sinnen sind: Orte der Spiritualität, der Begegnung und des soziales Engagement. Wie ein Multiwerkzeug haben wir in Moscheen von Seelsorgearbeit, Jugendarbeit bis Bildungsarbeit und religiöse Unterweisung alles unter einem Dach und auf ganz wenigen Schultern verteilt. Was ein enormer Dienst und Mehrwert an der Gesellschaft ist. Genau wie bei unseren Freunde von der Jüdischen Gemeinde der evangelischen und katholischen Kirchen und andere Glaubensgemeinschaften unserer Stadt ist diese Arbeit von unschätzbarem Wert. In unserer gemeinsamen Anzeige in der Rheinischen Post mit der jüdischen Gemeinde Düsseldorf haben wir den Schulterschluss gegen Antisemitismus, Christenverfolgung und Islamfeindlichkeit hervorgehoben und mit unserem Europawahlaufruf in der RP haben wir mit den Kirchen und der jüdischen Gemeinde ein klares Statement zu Toleranz, Akzeptanz und Demokratie gesetzt.

Antimuslimischer Rassismus und Muslimfeindlichkeit

Nichtsdestotrotz stellen wir mit großer Besorgnis fest, dass antimuslimische Vorfälle ständig zunehmen und schwerwiegender werden, und dass Mitglieder der muslimischen Gemeinde zunehmend um ihre Sicherheit besorgt sind. Antimuslimischer Rassismus und Muslimfeindlichkeit – insbesondere in Deutschland – ist eine ernstzunehmende Bedrohung für die demokratischen Grundwerte unserer Bundesrepublik. Antimuslimische Straftaten müssen mit einer Null-Toleranz-Politik verfolgt werden und öffentlich verurteil werden. Dabei sind alle gefragt Islamfeindlichkeit auch in den eigenen Reihen zu verurteil und zu bekämpfen. Schulen, Verwaltung, Parteien, Sicherheitsbehörden und vielen anderen sind gleichermaßen aufgefordert diese zu tun. Denn der Kampf gegen Islamfeindlichkeit ist auch ein Kampf für unsere Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.

Koordinierungsstelle für muslimisches Engagement in Düsseldorf

Es ist uns ein Anliegen die großen Herausforderungen in den eignen Gemeinden und der Gesellschaft gleichermaßen anzugehen und wir möchten dazu konstruktive Vorschläge machen. Unsere geringen Ressourcen bringen uns an die Belastungsgrenzen und wir sind von der Hoffnung getrieben in unserem Armlängenkosmos die Dinge anzugehen, die in unserer Macht stehen. Wir sind sicherlich auf Unterstützung angewiesen, um nicht in den Spannungsfeldern und Zentrifugalkräften der Neurechten Spindoktoren aufgerieben zu werden. Strukturell brauchen wir dringend eine Hauptamtliche Koordinierungsstelle für muslimisches Engagement in Düsseldorf, um den Problemen Herr zu werden, weil wir sonst befürchten, dass uns das Schicksal ereilt, dass unser kommunale Verband nur eigeschränkt handlungsfähig wird. Das organisierte und Verlässliche muslimische Leben wäre damit nachhaltig in unserer Stadt gefährdet.

Sieben Punkte gegen Antimuslimischen Rassismus

Der KDDM ist festentschlossen die Hassspirale gegenüber Muslime aufzuhalten und sein möglichstes tun, um dies zu erreichen. Wir glauben mit einem 7-Punkte-Plan einen nachhaltigen Beitrag dazu zu leisten und dabei zentrale Aspekte zu berücksichtigen. Diese sind wie folgt:

Islamfeindliche und antimuslimischen Rassismus sind Begriffe, die nach konkreten Maßstäben bemessen werden und klare Hadlungsmechanismen berücksichtigen. Diese Maßstäbe und Kriterien müssen viel deutlicher kommuniziert werden und vor allem eine größere Sensibilität in der Arbeit von Polizei, Justiz und Bildungseinrichtungen erfahren

Einberufung eines jährlichen Gipfeltreffens zwischen Kommunalvertretungen und Vertreter*innen der Zivilgesellschaft, um über Maßnahmen zur Bekämpfung des Antimuslimischen Rassismus zu beraten und zu evaluieren. Es sollte jährlich eine Anhörung mit muslimischen und zivilgesellschaftlichen Organisationen sowie Regierungsbeamten auf Länderebene einberufen werden, um den Stand der Maßnahmen zur Bekämpfung der Islamfeindlichkeit und des Antimuslimischen Rassismus zu bewerten und die Handlungsstrategien daran anzupassen.

Verbot von Neu-Rechter Terrororganisationen und militanten rechte Gruppierung in Deutschland wie „der III. Weg“ oder „Kombat 18“ und Gewährleistung von Rechtssicherheit, um gegen Hetze und Pauschalisierungen gegenüber Muslimas und Muslimen vorzugehen.

Rechtsextreme Gesinnung in den Sicherheitsbehörden darf nicht toleriert werden und muss energisch und messbar mit aller Entschlossenheit bekämpft werden.

Ausweitung von Lehrerfortbildungen und Präventionsprogrammen für Jugendliche, um die Sicherheit für muslimische Schülerinnen und Schüler jederzeit zu gewährleisten und Antimuslimische Einstellungen in allen Bereichen der Schulgemeinschaft zu bekämpfen. 


Der Kreis der Düsseldorfer Muslime etabliert mit den Düsseldorfer Freitagsgesprächen ein Format der kontroversen Auseinandersetzung mit den für Muslime wichtigen Themen und bringt damit eine weitere Perspektive ein, um miteinander zu reden und nicht übereinander. Jede unserer Veranstaltungen aus dieser Reihe sind gekennzeichnet von einem bestimmten gesellschaftlichen Rahmen, wie heute; die Woche gegen Islamfeindlichkeit und Antimuslimischen Rassismus; mit einer fundierten Keynote, einer kontroversen Review und einer Podiumsdiskussion..

In diesem Sinne wünsche ich mir und uns ein gemeinsames Ringen für respektvollen Umgang miteinander und letztlich eine Gemeinsame Kraftanstrengung, um die weitreichenden Herausforderungen unserer Zeit nachhaltig und erfolgreich anzugehen.  Damit könnten wir alle in der Landeshauptstadt einen Meilenstein setzen. Wir wünschen Ihnen Ergebnisreiche und Interessante Gesprächen bei den zweiten Düsseldorfer Freitagsgesprächen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und eine erfolgreiche Veranstaltung wünsche ich uns allen.

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